«Prävention heisst, genau hinzusehen»

Pro Senectute Ticino e Moesano setzt sich seit bald 20 Jahren dafür ein, dass die ältere Bevölkerung im Tessin eine lokale und niederschwellige Anlaufstelle für die Themen Gewalt, Misshandlung und Missbrauch vorfindet.

Francesca Ravera und Miriam Benin von Pro Senectute Ticino e Moesano.

Francesca Ravera (links) und Miriam Benin setzen sich mit Pro Senectute Ticino e Moesano dafür ein, Gewalt und Missbrauch im Alter zu bekämpfen (Bild zvg).

Gemeinsam mit Alter Ego und der Unabhängigen Beschwerdestelle für das Alter (UBA) engagiert sich Pro Senectute Ticino e Moesano dafür, dass überall in der Schweiz die Möglichkeit besteht, einen Verdacht auf Fälle von Gewalt, Misshandlung und Missbrauch an älteren Menschen bei Fachpersonen mit Schweigepflicht zu melden. Pro Senectute will so nicht nur den Betroffenen umgehend helfen, sondern vor allem auch Prävention leisten. «Wir wollen und müssen ein Zeichen setzen, um für das Recht und die Würde der älteren Gesellschaft einzutreten», betont Paolo Nodari, Geschäftsführer von Pro Senectute Ticino e Moesano.

Dreiköpfiges Team im Einsatz

In diesen Dienst stellt sich die Abteilung «Förderung der Lebensqualität», bei der die Psychologinnen Miriam Benin und Francesca Ravera mit einer Sozialarbeiterin dafür sorgen, dass Meldungen von Verdacht auf Gewalt und Missbrauch im Tessin konsequent nachverfolgt werden und die Betroffenen Hilfe erhalten. Um die älteren Menschen zu schützen, müssen auch die betreuenden Angehörigen unterstützt werden, die oft überlastet sind und ebenfalls Gefahr laufen, negative Erfahrungen zu machen.

Die Nachfrage gibt der Dienstleistung recht. Allein im Jahr 2020 wurden der Organisation im Tessin 45 Fälle gemeldet. In diesen war psychologische, aber auchsoziale Unterstützung zur Bewältigung des Alltags in den eigenen vier Wänden gefragt, um Überlastungssituationen entgegenzuwirken und so Spannungen im familiären Umfeld zu reduzieren.

«80 Prozent der Fälle ereignen sich im privaten Umfeld, also zu Hause», so Nodari. Denn noch immer sei das Tabu zu gross, über angespannte Situationen und – im schlimmsten Fall – über bereits ereignete schwere Vorkommnisse zu sprechen. «So richten wir unseren Appell auch an die Angehörigen und das Umfeld der Seniorinnen und Senioren, bei Verdacht auf Gewalt oder Misshandlung auf uns zuzugehen», fügt er an, denn: «Die Dunkelziffer ist noch zu gross.»

Körperliches und psychisches Wohlergehen sicherstellen

Die Förderung einer guten Lebensqualität der älteren Menschen, sowohl zu Hause als auch in Alters- und Pflegeeinrichtungen, erfordert neben den umfassenden Betreuungsleistungen von Pro Senectute für zu Hause lebende ältere Menschen auch eine Sensibilisierung und Weiterbildung des Personals im Sozial- und Gesundheitswesen. Die Abteilung bietet ausserdem Beratung, Supervision und Sensibilisierungskurse in Alters- und Pflegeheimen sowie in den eigenen Reihen der «Hilfen zu Hause» an. «Aber Prävention bedeutet noch viel mehr», erklärt Nodari. Es bedeute auch, genau hinzusehen und Aktivitäten wie auch Dienstleistungen anzubieten, die das Wohl des älteren Menschen in einen grösseren Kontext stellen. «Es gilt, sich dafür einzusetzen, dass Seniorinnen und Senioren dank Beratungen, Aktivitäten zur Gestaltung des Alltags und zur Pflege der sozialen Kontakte und mit unterstützenden Dienstleistungen nicht Gefahr laufen, einsam zu sein, in Armut zu leben und aufgrund von Stress überfordert zu sein.

Text: Antonietta Scottino und Tatjana Kistler, Pro Senectute Schweiz

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